Mittwoch, 9. März 2011

Bericht vom Auftritt in San Francisco 2007

Sven Wolff (Brigadier) und Lance Murdock (Brigadenleiter) spielen seit 1998 erfolgreich zusammen in der Band Patenbrigade: Wolff. Am 11. September traten die aus Ostdeutschland stammenden Musiker im Mezzanine Club in San Francisco auf und unterhielten mit ihrem innovativen Programm ein begeistertes Publikum. San Francisco ist nur einer der Auftrittsorte der aktuellen Band-Tour „Hochstapler“ 2007. Die nächsten Konzerte finden in Potsdam (05.10.) und Düsseldorf (28.12) statt. Um an Patenbrigade: Wolff Gefallen zu finden, muss man kein Fan elektronischer Musik sein. Sven und Lance verwirklichen in ihren Kompositionen ein solch ideenreiches Konzept, dass man bereits ohne einen Ton gehört zu haben Grund zur Bewunderung der beiden Musiker hat.

Seit neun Jahren leisten Sven und Lance Aufbauarbeit im deutschen Osten. Allerdings nicht mit Bau-, sondern mit Musikinstrumenten. Der Band Patenbrigade: Wolff liegt ein ausformuliertes Konzept zugrunde, dessen Bedeutungsursprung sich hinter dem Bandnamen verbirgt. Patenbrigaden waren in der ehemaligen DDR Kollektive, die Patenschaften über eine kleinere Gruppe übernahmen und diese regelmäßig besuchten und unterstützten, unter anderem in Form von Bau- und Renovierungsmaßnahmen. Sven und Lance führen diese Aufbauleistung in Form von Musik fort. Denn selbst 17 Jahre nach der Wiedervereinigung ist der Osten, so sagen die beiden, noch eine Baustelle. Dass die Musiker es ernst meinen, lässt sich unschwer an ihrer Arbeitskleidung feststellen: Orangefarbener Anzug mit gelbem Sicherheitshelm und Augenschutz. Und natürlich das entsprechende Werkzeug. Die Musiktexte der Patenbrigade bestehen zum Teil aus Texten von Bedienungs- und Bauanleitungen diverser Geräte. Durch die beigefügte Musik erhalten diese Texte obskures und anregendes Format, ja manchmal sogar überhaupt erst eine Bedeutung. Wie also sieht der Aufbau aus, den Sven und Lars durch ihre Musikshows leisten?
Um diese Frage beantworten zu können, mischt man sich unter ein zappelndes, jochelendes Publikum und folgt der eigenwilligen Vorstellung auf der Bühne. Aufbau?? Was sich darbietet gleicht vielmehr einem Abbau, wenn nicht gar einer Zerstörung. Sven hat sich über das Keyboard gebeugt und zertrümmert im Rhythmus der Musik die Klaviatur. Es ist ein eigenartiger Klang der dabei entsteht. Betörendes Krachen, wie beim Öffnen eines achtwöchig getragenen Gipsverbandes. Also tatsächlich Destruktion? Über die Augenscheinlichkeit des demolierenden Vorgangs lässt sich schwerlich streiten; was allerdings herauskommt gleicht einem genesenen Beinbruch. Noch etwas unbeweglich, jedoch frisch und lebendig. Während auf der Bühne ein taktfestes Ableben der Musikinstrumente vollstreckt wird, vollzieht sich unter den Besuchern ein gegenteiliges Phänomen. Das Publikum erfährt eine zunehmende Auferlebung. Zunächst ein wenig schüchtern, dann zunehmend gelassen und schließlich vollkommen ungehemmt erwachen die Besucher aus der Befangenheit menschlicher Konventionsschranken.
Die Band Patenbrigade: Wolff bewirkt mit ihrer Musik einen Wiederaufbau, der sich mit Maßband und Zollstock nicht messen lässt. Sven und Lars wollen keine stumpfe, inhaltlose Elektronische Musik, sondern Musik, bei der „Melodie und Atmosphäre dabei sind“. In San Francisco scheint diese Atmosphäre angekommen zu sein. Tanzende Gäste mit belebten und ausgelassenen Gesichtern. Die beiden Deutschen verbeugen sich und entfernen im abklingenden Dämmerschein des Bühnenlichts Teile eines einstigen Keyboards.

Gefunden bei Radio Goethe

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