Als mir Brigadeleiter Murdock eröffnete, dass unser Auftritt in Potsdam beim Sommerfest der Linken stattfindet, war ich doch etwas beunruhigt. Muss sich diese Partei doch des Öfteren mit dem Vorwurf auseinandersetzen Nachfolger des Regims zu sein, welches Dinge wie die Stasi und die Todesschützen an der Berliner Mauer zu verantworten hat. PbW-Tracks wie „Feind hört mit“ und „Ostberliner Bauarbeiter“ würden vermutlich eine direkte Provokation darstellen.
Kaum angekommen in Potsdam machten sich Azubi Pinsel und Lance Murdock sogleich über das Bier her, das die Linken leichtfertig im nicht-abgeschlossenen Partei-Mobil versteckt hatten.
Weiß man hier wirklich auf wen man sich eingelassen hat? Um dies zu klären, hält Lance noch einmal Rücksprache mit dem Veranstalter. Dieser erklärt, es habe bei den Linken schon kontroverse Diskusionen über den geplanten Live-Act gegeben, betont jedoch auch noch einmal das wir bei der Gestaltung des Programms freie Hand hätten.
Nach einigen Fotos mit Fans bittet mich mein Brigadeleiter doch einige „heikle“ Songs aus dem Programm zu nehmen, oder wenigstens besänftigende Kommentare an das Publikum zu richten. Aber ich bestehe darauf, das Programm konsequent durchzuziehen.
Um Punkt 21 Uhr beginnt der Auftritt. Walter Ulbricht verkündigt „Lasst uns zusammen an die Arbeit gehen!“ und Erich Honecker lobt „Josef Stalin, den größten Freund des Deutschen Volkes“. Den Helm tief ins Gesicht gezogen schiele ich vorsichtig ins Publikum. Entgegen allen Erwartungen sehe ich keine wütend aufgebrachte Menge sondern Leute die erfreut im Beat zu „Stalinallee“ wippen. Ok vielleicht haben sie die Samples nicht richtig verstanden.
Aber spätestens beim nächsten Track wird man uns von der Bühne prügeln. „Schusswechsel“ beginnt und auf der riesigen Video-Leinwand hinter uns rollen Panzer und Mittelstreckenraketen-Transporter anlässlich der Militärparade am 1.Mai 1989. Ein Gemisch aus erstaunten „Ohhs“ und belustigten „Ahhs“ geht durch die Menge. In Gedanken sehe ich Gregor Gysi die Bühne erklimmen, um uns persönlich den Strom abzudrehen. Aber wieder nimmt das Publikum den Track mit Begeisterung an.
Als Inspektorin Dieckmann die Bühne betritt um „Feind hört mit!“ zum Besten zu geben, kann ich endlich entspannen und weiß dass uns die Menge auch diesen äußerst kritischen Song nicht übel nehmen wird. Die Inspektorin meistert ihre 4 Tracks erwartungsgemäß mit Bravour.
Nach ihr betritt Gastarbeiter Leukert die Bühne und beeindruckt mit der Premiere des neuen Tracks „Fehler 404“ während in der ersten Reihe ausgelassen getanzt wird.
Im Anschluss „Das Kraftfeld“ und „Never Neverland“ gewohnt professionell interpretiert von Azubi Pinsel. Beim letzten Track „Maurerradio“ erntet Azubi Bert der inzwischen FDJ-Hemd trägt, einen Extra-Applause.
Insgesamt ein sehr erfolgreicher Abend für die Patenbrigade, bei dem sich Die Linke überraschend tolerant und begeistert zeigte. Neben mehreren Fragen nach unseren CDs kam im Anschluss an das Konzert auch ein Angebot bei weiteren Veranstaltungen dieser Art aufzutreten.
weitere Bilder vom Auftritt bei Flickr
1 Kommentar:
Einfach genial zu lesen! Wäre gern dabei gewesen... Bis zum 26. in Koblenz! :-)
Grüße, der Electroluchs
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